Das lernt man doch in jeder (guten) Coachingausbildung in den ersten 10 Minuten:
„Bleiben Sie in der Sprache des Klienten!“ Auch ich hab das – mehr als einmal – gehört. Allerdings war mir anfangs nicht klar, WIE bedeutsam dieses scheinbar kleine Detail ist.
Dazu ein paar Gedanken:
„Das Verständnis einer Sprache lernt man dadurch, dass man Situationen so sehen lernt, wie sie die Sprecher dieser Sprache sehen.“
Ernst von Glasersfeld
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Stammtisch einer Berufs- oder Interessensgemeinschaft deren Mitglied Sie nicht sind. Nehmen wir halt mal die Jäger. Es wird Ihnen wahrscheinlich schwer fallen, den Fachtermini zu folgen (aufbrechen, Strecke, Lampe, usw…).Sei’s drum, macht ja nix.
Aber auch bei den „ganz normalen“ Ausdrücken, die Ihnen durchaus alltäglich erscheinen, dürfen Sie sich nicht der Illusion hingeben, Sie wüssten genau, was da mitgeteilt werden soll – was die genaue Absicht des Sprechers und, vor Allem, wie die wahrscheinliche Rezeption des Zuhörers wäre. In der Welt der Jäger fehlt Ihnen also zu einem Gutteil die Differenzierung der Beobachtung und daher auch die Fähigkeit der Antizipation – beides ist für die die Beratung jedoch zentral.
„Die Grenzen meiner Sprache, bedeuten die Grenzen meiner Welt.“
Wenn wir Wittgenstein zuhören, dann tut sich da ein ganzer Kosmos auf.
Nur ein Beispiel: Welche prinzipiellen Handlungsoptionen einer Person zugänglich sind, hängt auch davon ab, wie die Person denkt. Nun wissen wir, dass Menschen sehr oft in Bildern oder in Grundemotionen „denken“. Für die Bearbeitung von Problemen in einer Beratungssituation müssen diese Denkvorgänge dann meist versprachlicht werden – und da liegt der Hund begraben. Wenn die Worte fehlen um zu beschreiben, fehlt die Möglichkeit zu kommunizieren. Wieder ein kleiner Wittgenstein: „…denn wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“
Hier kommt nun das Systembrett ins Spiel: Selbst wenn Klient mir nicht BESCHREIBEN kann, BEBILDERN kann er mir immer! Erstaunlich oft läuft der Prozess also in einer ungewohnten – weil umgekehrten – Kommunikationsfolge: Nicht durch Sprache werden Bilder erzeugt, sondern durch (innere) Bilder wird Sprache erzeugt, ermöglicht.
Wie verhalte ich mich nun, wenn ich in bestimmten, abgegrenzten Berufsgruppen arbeite?
Nun, ich fange damit an, mir ein Vokabelheft zu kaufen. Dort schreibe ich – wie beim Erlernen einer Fremdsprache – Begriffe hinein und suche mir nach dem Treffen, der Sitzung, dem Workshop jemanden, der sie mir erklärt. Doch nicht nur technische Fachtermini und insbesondere wunderschön flutschende Abkürzungen werden da erfasst, sondern auch Ausdrücke die im Dialekt dieser Insulaner besonders häufig vorkommen, willkommen sind und gern verwendet werden.
Ein Beispiel gefällig?
Bittschön:
Wenn ich es zum Beispiel mit Militär zu tun habe, dann werde ich ganz oft Stellung beziehen. Ich werde Spähtrupps aussenden um zu sehen wie die Gegenseite aufgestellt ist, wo die also ihre schweren Geschütze haben. Ich werde versuchen, deren Kaliber zu identifizieren und meine Taktik und Strategie danach ausrichten. Sollten wir unter schweres Feuer geraten, werden wir – wie EIN Mann – agieren um schwere Treffer zu vermeiden, wobei mit Kollateralschäden zu rechnen sein wird. Fallweise wird ein strategischer Rückzug nötig sein. Die dadurch gewonnene Feuerpause nützen wir dann, um einen Gegenangriff zu koordinieren.
The Establishing of a YES-Set
Wenn Steve de Shazer vom “Erzeugen einer Ja-Haltung“ spricht, dann um beim Klienten für Zustimmung und Prozessteilnahme zu werben. Nichts lässt Menschen schneller andocken, als wenn Berater „Stallgeruch“ hat. Einer von uns. Gut! Dazu ist die Verwendung der richtigen Sprache besonders geeignet. Wenn Sie sich’s jedoch leichter machen wollen (ja und so einer bin ich!) dann lassen Sie das Brett die Übersetzungsleistung für Sie erledigen, lehnen Sie sich zurück und genießen Sie die Fahrt….